PRESSEMITTEILUNG   Erschienen am: 24.08.2023

Männer brauchen eigenes Beratungsangebot

Münster. Studien zeigen, dass rund jede vierte Frau in Deutschland Opfer häuslicher Gewalt wird. Für Münster bedeutet dies: Über 30.000 Frauen wurden und werden geschlagen, gedemütigt, erniedrigt. Wie dieser Kreislauf gestoppt werden kann: Damit hat sich jetzt ein Fachtag der Krisen- und Gewaltberatung der Caritas Münster beschäftigt. Dort werden Täter seit 20 Jahren darin beraten, Grenzen zu achten und Konflikte gewaltfrei zu lösen.

 

Buchautor Boris von Heesen warb in einem Vortag eindrücklich darum, Männer bei Krisen zu unterstützen. Die Folgeschäden für die Gesellschaft seien ansonsten ungleich höher.

„80 bis 100 Klienten beraten wir jährlich in 500 bis 600 Sitzungen“, erläuterten die Caritas-Mitarbeiter Andreas Moorkamp und Jonas Lemli. Etwa ein Viertel davon kommen als Selbstmelder, weil sie Eigenmotivation mitbringen und unzufrieden mit der Situation sind. Andere erhalten die Beratung als Auflage, etwa nach einem Gerichtsverfahren.
„Ein solches Angebot ist sehr wichtig, weil mit den Tätern gearbeitet wird, denn nur sie können die Gewalt beenden“, betonte Caritas-Vorstand Sebastian Koppers. Der Caritas als Teil der katholischen Kirche komme hier eine besondere Verantwortung zu. „Die Missbrauchsstudie hat gezeigt, wie stark strukturelle Gründe in der Kirche sexualisierte Gewalt ermöglichen. Hier müssen wir alle weiter daran arbeiten, die Situation zu verbessern.“


Gewalt ist nur eine Form, wie Männer mit Krisen umgehen. Sucht, Isolation, andere Formen der Kriminalität, Obdachlosigkeit seien ebenfalls weit verbreitet, berichtete Andreas Moorkamp. Welche verheerenden Auswirkungen dies auf die Gesellschaft hat, zeigte Autor Boris von Heesen während eines Vortrags auf. „Was Männer kosten“, lautet der Titel seines provokanten Buches. „95 Prozent aller Strafgefangenen sind männlich, Männer sind überdurchschnittlich oft in Verkehrsunfälle verwickelt, drogensüchtig oder wohnungslos.“ Heesen kommt auf 63 Milliarden Euro pro Jahr, die das Verhalten von Männern den Staat mehr kosten als das Verhalten von Frauen. Wenn Männer lernen ihre Gefühle zu äußern, Konflikte ohne Gewalt zu lösen und Grenzen zu achten, geht es ihnen auch selbst besser“, betonte von Heesen.


Was braucht Männerberatung in Münster in der Zukunft? Ohne Geld wird es nicht gehen: Die Caritas Münster hat beim Rat beantragt, ein eigenständiges Beratungsangebot analog zu den Frauenberatungsstellen für Männer zu schaffen und damit eine eklatante Lücke in der Bera-tungslandschaft der Stadt Münster zu schließen, heißt es in einer Pressemitteilung des Wohl-fahrtsverbandes. „Letztlich kommt es die Stadtgesellschaft günstiger hier Männer zu unterstüt-zen, als die Folgeschäden zu bezahlen“, pflichtete Boris von Heesen bei.
Eine gute Vernetzung mit Polizei, Erziehungsberatungsstellen, Frauenberatungs- und Unterstützungsangeboten gebe es bereits, hier werde weiter dran gearbeitet. Wichtig, so zeigte sich in der abschließenden Diskussion, sei aber vor allem ein gesellschaftlicher Diskurs, um über Männer-Rollen miteinander ins Gespräch zu kommen und Verhaltensänderungen zu erreichen.