PRESSEMITTEILUNG   Erschienen am: 05.04.2023

Suizidprävention auf Augenhöhe

Münster. Der 15-jährige Paul ist in der Krise. Er verletzt sich selbst, trägt sich mit Suizidgedanken. Doch Paul ist nicht allein.

Die Gruppe der Peer-Beraterinnen im Projekt [U25] der Caritas Münster zusammen mit Susanne Vogeley und Julia Kuzmin (vorne links).

Seit einigen Monaten schreibt er online mit der jungen Psychologie-Studentin Patricia. [U25] heißt das Hilfsangebot der Caritas Münster, in dem Patricia und 20 weitere junge Menschen sich engagieren. Warum Patricia dabei ist? "Mit gefällt der Gedanke, anderen zu helfen und ich möchte Erfahrungen in der Beratung sammeln." Suizid ist die häufigste Todesursasche von Menschen unter 25.
 
"Am Anfang sind wir sehr intensiv von der Psychologin Susanne Vogeley und Sozialarbeiterin Julia Kuzmin geschult worden", berichtet Patricia. Was sind psychische Erkrankungen und wie äußern sie sich, wie umgehen mit Trauma, Depression und suizidalen Gedanken. "Schön war, dass wir in-tensiv ins Gespräch gekommen sind, jeder sich mit einbringen konnte." In Rollenspielen versetzten sich die künftigen so genannten Peer-Berater:innen in die Situation der Hilfesuchenden. "Das Wichtigste, was wir gelernt haben, war immer nach suizidalen Gedanken zu fragen." Man bringt damit niemanden auf die Idee sich zu töten. Ganz im Gegenteil: darüber zu schreiben oder zu re-den, hilft die Krise zu überleben.

"Die Online-Beratung läuft komplett anonym ab", berichtet Patricia. Kein Name, kein Bild wird dem anderen bekannt. Was bleibt - ist die Sprache. "Mir ist es wichtig, mich dem Gegenüber anzu-passen. Dessen Schreibstil aufzugreifen, jemanden zu hinterfragen und zu bestärken. Paul schreibt viel in Metaphern und Sprachbildern, wie es in ihm aussieht. Daran kann ich mich gut anschließen.

Die Kommunikation über E-Mail beinhaltet ein Versprechen: "Innerhalb von sieben Tagen spätes-tens erhalten Ratsuchende eine Antwort", berichtet die Studentin. Die Antwort wird dabei vorher von den Caritas-Mitarbeiterinnen Susanne Vogeley und Julia Kuzmin in einer Feedback-Schleife gegengelesen. "Das Feedback gibt uns Sicherheit, bestärkt uns in dem, was wir schon können und gibt uns Hinweise, was noch wichtig ist zu schreiben. Über die Vorschläge können wir diskutieren. Am Anfang habe ich beispielsweise gedacht, dass ich im selben Textumfang zurückschreiben muss. Dabei kamen umgerechnet bis zu zwei oder drei DIN A4-Seiten bei mir an." Sie müsse sich selbst nicht so unter Druck setzen, auch kürzere Antworten seien möglich.

Im Gespräch mit Paul spricht Patricia auch an, ob es andere Menschen gebe, mit denen er reden könne. Und sie verweist auf Beratungsstellen und Hilfsangebote, sucht nach Ressourcen. Sie selbst hat in der Email-Beratung die Erfahrung gemacht. "Paul tut es einfach gut, dass ihm jemand zuhört und ihn ernst nimmt." Mit zunehmender Zeit würden dann auch im Schutz der Anonymität und der Beziehung auf Augenhöhe Gedanken geteilt, die Paul anderen nicht sagen könne. 

Alle zwei Wochen treffen sich die Peer-Beraterinnen, um sich auszutauschen und zu reflektieren. "Jede von uns, schreibt mit einem ganz anderen Menschen. Ich lerne auch viel von denen, die die Anderen gerade begleiten. Jeder Mensch und jede Krise braucht anders Unterstützung. Im Team arbeiten wir die Themen der Ratsuchenden und unseren Umgang damit auf. Das stärkt uns und bereitet uns auf herausfordernde Situationen vor", sagt Patricia. Sie schreibt derweil seit fast einem Jahr mit Paul, anonym und sehr persönlich.

„Die [U25] Online-Suizidprävention am Standort Münster wird durch die Lotterie GlücksSpirale gefördert“

Kontakt und Ansprechpartner


Gregor Wenzel
Verbandspolitik + Kommunikation

 +49 251 53009-453
 +49 251 53009-460

 gregor.wenzel@caritas-ms.de

Caritas Münster
Josefstraße 2
48151 Münster