Erschienen am: 23.01.2025

Wie Parteien zur Wahl soziale Fragen beantworten

Caritas-Diskussion mit Bundestagskandidierenden von CDU, FDP, Grünen und SPD

Münster. „Mensch Münster! Lebe Freiheit!“ Dieser Aufruf der Demokratie-Kampagne von Bistum, BDKJ und Caritas hat am Mittwochabend den roten Faden für eine Diskussion mit Bundestagskandidierenden von CDU, SPD, Grünen und FDP zu sozialpolitischen Themen gebildet. In der Veranstaltung der Caritasverbände für das Bistum und die Stadt Münster zeigte sich in Fragen zu Behindertenhilfe, Krankenhaus-Finanzierung, Altenhilfe, Kinder- und Jugendhilfe sowie Flucht und Migration: In der Demokratie gibt es unterschiedliche Lösungsansätze.

 

 

Freiheit und Soziales – das gehört zusammen (von links): Nadine Heselhaus (SPD), Caritas-Vorstand Sebastian Koppers, Sylvia Rietenberg (Grüne), Pia Stapel, Caritas-Vorstandsvorsitzende, Dr. Ekkehard Grützner (FDP) und Dr. Stefan Nacke (CDU) nach der Diskussion zur Bundestagswahl. Foto: Michael Bönte/Caritas für das Bistum Münster

Wie kann der Stillstand beim Bundesteilhabegesetz aufgehoben werden?“, fragte gleich zu Beginn Pia Stapel, Vorstandsvorsitzende des Caritasverbandes für das Bistum Münster. Leistungsversprechen für Menschen mit Behinderungen seien nicht eingelöst worden. Diesem Befund stimmten Dr. Ekkehard Grützner (FDP, Steinfurt/Borken), Nadine Heselhaus (SPD, Borken), Dr. Stefan Nacke (CDU, Münster) und Sylvia Rietenberg (Grüne, Münster) zu. Den Zuständigkeitswirrwarr aufzulösen, war besonders Grützner und Heselhaus wichtig. Auch Nacke forderte: „Wir müssen zu Leistungen aus einer Hand kommen.“ Rietenberg widersprach nicht, ging aber inhaltlich noch einen Schritt weiter: „Die Leistungen müssen unabhängig von Einkommen und Vermögen gewährt werden.“

Wie können Krankenhäuser gerettet werden, damit diese nicht – wie in Warendorf – insolvent werden? Während die FDP forderte, die Gesundheitspolitik generell neu auszurichten, setzt die SPD auf eine Bürgerversicherung und Hoffnung auf die gerade beschlossene Krankenhausreform. „Die muss jetzt erst einmal greifen“, so Heselhaus. „Die Krankenhäuser in der Region müssen erhalten bleiben“, so die Forderung von Dr. Nacke. Deshalb müsse für die Zeit bis zum Greifen der neuen gesetzlichen Regelung eine Übergangsfinanzierung eingerichtet werden. Auch die Grünen forderten, die Übergangszeit müsse überbrückt werden und Versorgungssicherheit gewährleistet sein.

Eine Versicherung für alle? Das ist nicht die Vorstellung von Dr. Grützner, um die Altenhilfe zukunftsfest zu machen. Neben Grundleistungen könne es auch Aufbauleistungen und Rahmenleistungen geben. Diametral anderer Ansicht ist Heselhaus für die SPD: „Das Nebeneinander von gesetzlicher und privater Kranken- und Pflegeversicherung muss aufgelöst werden.“ Pflegende Angehörige gelte es stärker auch finanziell zu entlasten, analog zum Elterngeld. „Eine Pflegeversicherung ist nicht unser Konzept“, entgegnete Dr. Nacke für die CDU. Zunächst müssten einmal die versicherungsfremden Leistungen herausgenommen werden. Lohnersatz für Familien kann er sich wie die SPD auchvorstellen. Rietenberg strebt für die Grünen eine Bürgerversicherung an und favorisiert Lösungen im Quartier, um pflegebedürftige Menschen möglichst lange in ihrer gewohnten Umgebung versorgen zu können.

Ab 2026 gilt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen. Wie dieser Spagat zwischen Betreuungsversprechen und qualitativem Bildungsanspruch denn gelingen könne, wollte Pia Stapel wissen. „Wir warten in den Kommunen händeringend darauf, wie sich die Landesregierung die Ausführung vorstellt“, berichtete Dr. Grützner für die FDP. Heselhaus meinte: „Wir müssen jetzt anfangen. Hamburg hat dies getan und ist auf einem guten Weg.“ Sie machte eine schwierige Gemengelage zwischen Bund und den Ländern aus. „Jeder weiß, dass das Gesetz nicht 2026 vollständig umgesetzt werden kann, aber wir sollten an dem Ziel festhalten“, betonte Dr. Nacke. Rietenberg sah dieGefahr, dass der Sozialstaat verfällt. „Wir müssen entscheiden, wofür wir Geld ausgeben wollen.“

Zur Integration von zugewanderten Menschen setzt der FDP-Vertreter ganz auf Arbeit. „Wir müssen es den Menschen viel leichter machen, erwerbstätig zu sein.“ Heselhaus machte darauf aufmerksam, dass bei den Integrationsleistungen nicht gekürzt worden sei. Dr. Nacke formulierte auch Erwartungen, die die Gesellschaft an Menschen mit Migrationsgeschichte stellen könne. Integrieren könne nicht der Staat. „Gemeinschaften, Vereine und Verbände sind hier enorm wichtig.“ Rietenberg machte im beschlossenen Fachkräftezuwanderungsgesetz „einen Schritt in die richtige Richtung aus. Wir brauchen die Menschen und müssen in sie investieren.“

In der abschließenden Publikumsdiskussion ging es vor allem darum, wie Gemeinsamkeiten gestärkt und Zusammenhalt gefördert werden können. Sebastian Koppers, Vorstand der Caritas Münster, leitete mit dem Gedanken aus, dass es in einer Demokratie keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen gebe und nahm damit den roten Faden der Demokratie-Kampagne wieder auf. Zum sozialen Frieden könne nicht nur die Politik, sondern müssten alle ihren Beitrag leisten.